Die Damast-, Jacquard- und Frottierweberei in Großschönau



Was ist Damast?

Echter Damast ist ein Bildgewebe mit Atlasbindung, die sich in Figur und Grund unterscheidet. Treppenförmige, mehrfädige Abstufungen an den Musterkonturen sind das wichtigste Merkmal. Weitere Kennzeichen echten Damastes sind große Musterrappporte und eine schachbrettartige Leiste an der Webkante.

Diese Webtechnik hat ihren Ursprung vor mehr als 2000 Jahren in China oder Persien und gelangte über den Orient nach Europa. Die Stadt Damaskus gab diesem Bildgewebe seinen Namen. Oberitalien, Lyon, Flandern, Holland waren und sind teilweise noch heute typische Gegenden mit Damastweberei.


Die Damastweberei in Großschönau

Bereits 1666 erlernten zwei Großschönauer Leineweber Friedrich und Christoph Lange die Damastweberei in Holland. Schon wenige Jahrzehnte später war die Großschönauer Tischwäsche aus Leinendamast weltbekannt. In Deutschland gab es keinen Ort, in dem so viel und so lange Damast gewebt wurde wie in Großschönau. Hier waren bis zu 1000 Damastwebstühle in Betrieb, so dass drei Viertel der Bevölkerung von diesem Handwerk lebten.


Es gab 1834 in Großschönau 12 Stuhlbauer, 5 Blattbinder, 5 Musterzeichner, 9 Mustermacher, 205 Damastwebermeister, 849 Damastwebergesellen, 93 Zieher, 60 Treter und 76 Lehrlinge.


Die Mustermacher übertrugen die Zeichnung in Schnurenbündel .Die Arbeiten des Musterzeichners und des Mustermachers konnten bei einem Tafeltuch mit schwierigem Muster mehrere Monate in Anspruch nehmen. Mit den Schnurenbündeln hob der Zieher die Kettfäden entsprechend der Musterung aus. Der Weber bildete mit den Schäften des Vordergeschirrs das Fach und verkreuzte Kette und Schuss zum Gewebe .Bei feinfädigem Material webte man an einem Tag nur 20 cm. Wenn bis zu vier Meter breite Tafeltücher hergestellt wurden, arbeiteten an einem Webstuhl neben dem Weber noch ein Treter und bis zu vier Zieher .


Die 1805 erfundene und 1834 in Großschönau eingeführte Jacquardtechnik hatte den Rückgang der Damastweberei zur Folge. Gegenüber dieser billigeren Jacquardware konnte sich der teure Damast nicht behaupten. Mit dem zweiten Weltkrieg hörte die Damastweberei in Großschönau ganz auf.



Eine Großschönauer Firmengeschichte


1832 gründete der „ungemein tätige Mann“ Damastwebermeister Christian Gottlieb Hänsch seine Firma. Nach seinem frühen Tod führte seine Witwe, später der Sohn Carl Gottlieb Hänsch die Firma weiter. Er hatte an der Dresdner Kunstgewerbeschule die Ausbildung des Musterzeichners erhalten. und war später auch selbst als Zeichenlehrer in der Großschönauer Webschule tätig..


Anfang der siebziger Jahre des 19. Jahrhunderts ging man dazu über, neben weißen und farbigen Damasten auch buntgestreifte Möbeldamaste und halbleinene Jacquard-Fransen-Servietten herzustellen. Das Exportgeschäft wurde in größerem Umfang betrieben und 1880 erhielt die Fa. Hänsch auf einer Textilausstellung in Melbourne eine Silbermedaille.


Die dritte Generation trat 1880 mit Karl Gottlieb Hänsch, einem überaus sozial eingestellten Menschen, und 1882 mit Ernst Hänsch in das Geschäft ein. Neben dem Export von leinenen und buntkarierten Jacquardhandtüchern traten die Frottierwaren in den Vordergrund.

1884 wurden die ersten mechanischen Jacquardwebstühle und zwei Jahre später

die ersten mechanischen Frottierwebstühle in Betrieb genommen. Den guten Gang der Geschäfte beweisen auch die in kurzen Abständen notwendigen Erweiterungen der Fabrikgebäude


1912 wurde ein von der Firma entwickeltes Erzeugnis, ein Gewebe mit einem der Flachstickerei ähnlichen Muster, patentiert. Im ersten Weltkrieg musste die Produktion jedoch auf Zeltbahnen, Drillichstoffe, Pulverbeutel und Flugzeugleinen umgestellt werden. Materialmangel zwang dazu, Stoffe aus Papier herzustellen.


1919 übernahmen Karl Martin Hänsch und Karl Walter Hänsch die Leitung der Firma. Der Betrieb wurde um eine eigene Zwirnerei erweitert.

Anfang der 30er Jahre gab es neue Produkte. Windeleinlagen und Wickeltücher erhielten den geschützten Warennamen „Iduna “, die Frottiererzeugnisse erhielten das Schutzzeichen „Gittergold“. 1936 gestaltete man den Produktionsablauf nach den damals modernsten Erkenntnissen um. Zu dieser Zeit umfasste die Palette leinene und halbleinene Tischzeuge, Möbelbezugsstoffe und vor allem Frottierwaren.


Der zweite Weltkrieg führte 1942 zur Einstellung der Produktion, weil die Räumlichkeiten der Rüstungsproduktion zur Verfügung gestellt werden mussten.


Nach dem Ende des Krieges begann die Wiederaufnahme der Produktion mit vier früheren Mitarbeitern, die die Maschinen in Gang brachten, und mit einigen Näherinnen, die aus Möbelbezugsstoff-Musterplatten Einkaufstaschen herstellten. Wegen Garnmangels musste mit Zellwolle gearbeitet werden. Später wurden Stoffe für Oberhemden und Arbeitskleidung gewebt und alle Arten von Frottiererzeugnissen. Der überwiegende Teil der Produktion ging als Reparationsleistungen in die Sowjetunion. Ende 1945 waren bereits wieder 60 Personen beschäftigt.


Wegen der in ihren Räumen erfolgten Arbeit für die Rüstungsproduktion wurden im Jahre 1946 3/5 des Grundbesitzes und der Gebäude der Firma C.G. Hänsch enteignet. Diese ungerechtfertigte Zwangsmaßnahme zerstörte das Aufbauwerk von Generationen.

Trotzdem bemühte sich die Firma, den Produktionsablauf auf engstem Raum neu zu organisieren. In kurzer Zeit konnte auf fast 100 Jacquardwebstühlen Frottier gewebt werden.

1949 stellten 174 Arbeitskräfte 400 000 m2 her.

Nach Abschluss einer textiltechnischen Ausbildung trat Christian Hänsch (geb.1930) in die Firma. ein. Die wirtschaftlichen Organe forderten trotz fehlender Voraussetzungen immer höhere Produktionsergebnisse. In den 50er Jahren musste Schichtarbeit eingeführt werden.

1958 wurde die Fa.Hänsch in einen Betrieb mit staatlicher Beteiligung umgewandelt.


1959 waren 260 Arbeiter beschäftigt, die 680 000 m2 Frottierware herstellten. Westdeutsche Partner waren die wichtigsten Abnehmer geworden, ebenso die skandinavischen Länder, der Nahe Osten, Afrika, Nord- und Südamerika. 1960 brachte C.G.Hänsch Damenmäntel aus bestickten Frottierstoffen auf den Markt. 1962 war der größte Produktionsumfang mit 740000 m2 . Mehr war mit 300 Arbeitskräften und 92 Webstühlen aus den 20er Jahren nicht möglich.

Ende der 60er Jahre wurden die Frottierbetriebe der südöstlichen Oberlausitz zu einer Arbeitsgemeinschaft zusammengeschlossen, um ihr Warensortiment zu spezialisieren. Die neuen Aufgaben waren mit den herkömmlichen Webstühlen nicht mehr zu bewältigen und für Webautomaten waren die Räumlichkeiten nicht gegeben, so dass die Weberei eingestellt und die bereits vorhandene Zwirnerei erweitert wurde.


1972 wurde Christian Hänsch als Komplementär genötigt, seinen Betrieb in sogenanntes Volkseigentum zu überführen. 1975 übernahm der VEB Frottana den aus der Firma C.G. Hänsch hervorgegangenen VEB Webzwirn. Mit dem Ende der sozialistischen Planwirtschaft wurde die Produktion in dieser traditionsreichen Großschönauer Firma endgültig eingestellt. Aus dem 1946 enteigneten Teil der Firma war ein Betrieb entstanden, der Wettehrschutzbekleidung, Schlauchboote, Campingzelte und Rettungsflöße herstellte und 1991 von der Deutschen Schlauchboot GmbH übernommen wurde.


Am 1. Okt.1992 erfolgte die Privatisierung des Treuhandunternehmens Frottana durch die Vossengruppe aus Gütersloh, den Marktführer der europäischen Frottierindustrie. Gegenwärtig arbeiten in den zwei Standorten Großschönau und Jonsdorf etwa 250 Beschäftigte in dem selbstständigen Unternehmen Frottana - Textil GmbH & Co, KG, das dank umfangreicher Investitionen heute den modernsten Maschinenpark in der Vossengruppe besitzt.


Literatur:

Ellger, Dietmar (1992). Jahresschrift des Damast-und Heimatmuseum Großschönau


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