Großröhrsdorf

Eine reiche Tradition der Bandweberei

 

Großröhrsdorf nahm 1680 einen großen Aufschwung, nachdem der Großröhrsdorfer George Hans die Bandweberei einführte. Während dieses Handwerk sich anfangs nur zögerlich entwickelte, 1710 waren es nur 5 Bandweber, gab es bereits 1734  36 Bandstühle. Daneben arbeiteten 86 Leinweber. 1754 waren in Großröhrsdorf 200 Webstühle vorhanden.

Die gewebten Bänder wurden auf dem Schiebock (Schubkarren) nach Dresden und weiter nach Freiberg zum Markt gebracht, oder man fuhr mit Zweispännern die Waren zur Messe nach Leipzig oder Frankfurt/Oder. Einige Weber, die gute Umsätze erzielten, konnten weitere Webstühle aufstellen und Tagelöhner einsetzen. Dies war der Beginn der Bandmanufakturen.

 

1813 gelangte die Kenntnis der Gurtweberei nach Großröhrsdorf, so dass 1827 das erste Drahtband und 1836 das erste Gummiband gefertigt werden konnten. Mit der Einführung der Jacquardweberei war man ab 1834 in der Lage Bänder mit komplizierten Mustern herzustellen. Um große Webstühle aufstellen zu können, war es erforderlich, weitere Fabrikgebäude zu errichten. Bandweberei, Webstuhlbau, Wäschemangelfabrik, Konfektionsbetriebe verhalfen dem Ort zu blühender (Textil)-Industrie.

 

Die Mechanisierung in den Fabriken war durch die Einführung der Dampfmaschine möglich. 1855 errichtete J. G. Schöne die ersten Gurtweberei mit Dampfbetrieb. 1887 begann die industrielle Produktion auf englischen Maschinen-Webstühlen. Mit der Entwicklung der Bandweberei als dem führenden Produktionszweig und als wichtigste Existenzgrundlage für die Mehrzahl der Bewohner veränderte sich auch die gesamte sozial-berufliche Struktur Großröhrsdorfs. Einen besonderen Einfluss auf die Ortsgestaltung nahm die 1849 aus einer Handweberei hervorgegangene Fabrik C.G. Großmann. Sie entwickelte sich zum bedeutendsten Webereibetrieb im Ort. Weitere Impulse brachte 1871 die Inbetriebnahme der Eisenbahn.

Im Laufe von 300 Jahren wuchs der Ort, zwischen 1550 und 1850, von einem Bauerndorf zum wichtigsten Zentrum der Band- und Gurtweberei Sachsens. Die Einwohnerzahl erhöhte sich ständig. Bahnhof, Post, Bank, Rathaus und nicht zuletzt die Villen der Fabrikbesitzer gaben dem einstigen Waldhufendorf ein städtisches Aussehen. 1924 wurde das Stadtrecht verliehen und noch heute weist das Stadtwappen mit seinem silbernen Webschützen auf die Webtätigkeit im Ort hin.

Die bereits vor dem ersten Weltkrieg begonnene Ortsbebauungsplanung konnte allerdings durch den Krieg und in der Zeit der Weltwirtschaftskrise nicht realisiert werden. Auch der Zweite Weltkrieg führte zur Stagnation.

 

Mit Gründung der DDR und der damit verbundenen politischen Neuorientierung veränderten sich die Eigentumsverhältnisse an Grund und Boden, es erfolgte die Aufteilung des Lehngutes, einige Betriebe wurden enteignet. In den weiteren Jahren mussten Betriebe staatliche Beteiligung aufnehmen, bis schließlich 1972 die zwangsweise Verstaatlichung der Privatbetriebe und der Betriebe anderer Eigentumsformen erfolgte. Die Webereien wurden dem als Leitbetrieb fungierenden VEB Bandtex Pulsnitz zugeordnet. In den 1980er Jahren entwickelte sich dieser Betrieb zur größten Bandweberei Europas, ausgestattet mit moderner Bandwebtechnik.

Aber die politische Wende und die neuen, grundlegend veränderten Marktbedingungen führten zum Niedergang fast der gesamten örtlichen Industrie - VEB Bandtex wurde 1990 aufgelöst.

 

Die Tradition der Bandherstellung wird derzeit nur von einigen reprivatisierten Betrieben fortgeführt. Großröhrsdorf verfügt heute neben 5 Bandbetrieben über einige neue Firmen mit moderner Technologie.

 

Mit dem Erwerb der stillgelegten ehemaligen Fabrik J. G. Schurig durch die Stadtverwaltung und deren Umgestaltung zur „Kulturfabrik“ wurde die Errichtung eines Industriemuseums. möglich. Nach der Bestandsaufnahme der eingelagerten Technik und Erarbeitung einer Konzeption zur Gestaltung des Bandweber-Museums durch den Museumsbeirat wurde das Vorhaben von der Stadtverwaltung genehmigt und am 28.05.1998 konnte die Eröffnung des Technischen Museums der Bandweberei festlich begangen werden.

 

 

Literatur:

Technisches Museum der Bandweberei – Heimatmuseum Großröhrsdorf (2005). Sächsische Museen – Kleine Reihe 13. Herausgeber: Sächsische Landesstelle für Museumswesen Chemnitz

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